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Deutsche Gesellschaft für Öffentliches Gesundheitswesen


22. Februar 2025

Positionspapier: Der ÖGD der Zukunft – für eine bessere Gesundheit in Deutschland



Die in Deutschland im europäischen Vergleich nur noch unterdurchschnittliche Lebenserwartung bei gleichzeitig extrem hohen und weiterhin steigenden Kosten stellt unser Gesundheitssystem vor riesige gesundheitspolitische Herausforderungen. Angesichts dieser heute schon kritischen Lage sowie absehbar hinzukommender zukünftiger Anforderungen wie durch den demografischen Wandel und den Klimawandel muss die Gesundheitsversorgung der Regionen (einschließlich Prävention und Gesundheitsförderung) bundesweit aus einem Guss sowie – anders als bisher – als ein systematischer Gesamt- und Gestaltungsansatz sich wandelnder Strukturen gedacht werden.

Als Ergänzung unseres Selbstverwaltungssystems wird hierfür eine Gesamtstrategie benötigt, die zukünftig auch durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) vorausschauend mitgesteuert werden sollte. Um eine bestmögliche Versorgung inkl. Prävention und Gesundheitsförderung sicherzustellen, sollte der ÖGD mandatiert werden, zukünftig eine datenbasierte, evidenzinformierte steuernde und koordinierende Rolle einzunehmen. So sollte der ÖGD sowohl in den regional zuständigen Zulassungsausschüssen, die sich bisher paritätisch aus Leistungserbringern und Kostenträgern zusammensetzen, wie auch in den Planungsgremien auf Landesebene vertreten sein. Entsprechende bundes- und landesgesetzliche Rahmenbedingungen, insbesondere das Sozialgesetzbuch und die ÖGD-Landesgesetzgebungen betreffend, sollten zeitnah geschaffen werden.

Als Strukturen für die strategische regionale Planung sollten Kommunale Gesundheitskonferenzen oder vergleichbare Gremien unter fachlicher Steuerung durch den ÖGD in allen Kreisen verpflichtend etabliert werden. Für die notwendige stärkere Etablierung von Prävention und Gesundheitsförderung benötigen diese Planungsgremien gegenüber bisher

(1) eine dauerhaftere spezifische finanzielle Ausstattung (z. B. Präventionsbudgets),
(2) einen eindeutigeren Handlungsauftrag bzgl. der Sicherstellung einer adäquaten bedarfsorientierten regionalen Gesundheitsversorgung inkl. einer Bindungswirkung sowie
(3) eine deutlich verbesserte Datenbasis.

Unsere Gesundheit entsteht nicht allein im Gesundheitssystem, sondern sie wird ganz entscheidend und v.a. durch unsere Lebens- und Rahmenbedingungen determiniert. Eine strategische Prävention und Gesundheitsförderung muss daher mit gesundheitsrelevanten Planungsfeldern wie Sozialem, Arbeit, Jugendhilfe, Sicherheit, Umwelt, Verkehr und Landwirtschaft gemeinsam gedacht werden. Sie muss integriert und als koordiniertes Zusammenwirken vieler Akteure stattfinden (Health in All Policies). Um dies systematisch und bedarfsgerecht umsetzen zu können, muss neben der o.g. Verbesserung struktureller Rahmenbedingungen zukünftig auch eine Integration von planungsrelevanten Daten auf allen regionalen Ebenen angestrebt werden.

Dr. Kristina Böhm
BVÖGD

Dr. Susanne Pruskil
DGÖG



Quellen: Beirat Pakt ÖGD (2024). Der ÖGD der Zukunft (2. Stellungnahme des Beirates Pakt ÖGD). Berlin, verfügbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/gesundheitswesen/pakt-fuer-den-oegd/beirat-pakt-oegd.html.

Deutscher Landkreistag. Ambulante Versorgung sicherstellen: Rolle der Landkreise bei der Gestaltung einer zukunftsfähigen medizinischen Struktur vor Ort; 2018; verfügbar unter: https://www.landkreis-tag.de/images/stories/publikationen/180110%20PosPap%20Ambulante%20Versorgung.pdf.

ExpertInnenrat „Gesundheit und Resilienz“. 3. Stellungnahme des ExpertInnenrats „Gesundheit und Resilienz“: Gesundheit: Ganzheitlich denken, vernetzt handeln; 2024; verfügbar unter: https://www.bundesregie-rung.de/resource/blob/975196/2310120/b1bde757a2f2e4392ddd3b2144b7cf29/2024-09-20-expertinnen-rat-stellungnahme-3-data.pdf?download=1.

ExpertInnenrat „Gesundheit und Resilienz“. 4. Stellungnahme des ExpertInnenrats „Gesundheit und Resilienz“: Stärkung der Resilienz des Versorgungssystems durch Präventionsmedizin; 2024; verfügbar unter: https://www.bundesregierung.de/re-source/blob/975196/2310122/199b2113ab2787ddf6da240f257715fc/2024-09-20-expertinnenrat-stellung-nahme-4-data.pdf?download=1.

Jasilionis, D., van Raalte, A. A., Klüsener, S., & Grigoriev, P. (2023). The underwhelming German life expectancy. European Journal of Epidemiology. https://doi.org/10.1007/s10654-023-00995-5

OECD (2024). Health at a Glance: Europe 2024. Paris: OECD Publishing.

Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Bedarfsgerechte Versorgung – Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche: Gutachten 2014; verfügbar unter: https://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/Gutachten/Gutachten 2014/Langfassung2014.pdf.

Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung: Gutachten 2018. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2018.

Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Resilienz im Gesundheitswesen: Wege zur Bewältigung künftiger Krisen: Gutachten 2023. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2023.




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